Samstag, 26. Juli 2014

VORBEIGESCHAUT (Aus der Serie: WIR)


Caterina van Hemessen: Selbstbildnis
Geh zur Seite, geh!

Wir werden draußen sein, weißt du, wenn wir an dir vorbeikommen. Wirst du auf den Stufen sitzen und verloren mit den Händen durch deine Haare fahren? Trägst du dein Haar offen oder verbirgst du es unter einer Haube? Das wagten wir nicht zu fragen. Was trägst du am Körper, Körperloser, oder bleibst du dir nackt?

Wie die Sterne auf ein Haar scheinen könnten, das du nicht trägst. Denn: Der Geist ist haarlos. Dem Geist glänzt eine Glatze: Spiegelnde Sterne auf deiner Stirn strahlen wie eine Krone. Oh, wie sie strahlt über deinem Haupt, das du in Händen hältst auf deinen Stufen. 

Wir werden uns erheben. Wir werden den Stift in die Hand nehmen, den Pinsel schwingen und schauen.

Und du wirst uns nachsehen. Zieh die Vorhänge zu, Herr, wenn du nach drinnen gehst. Deine Haut ist empfindlich, wenn die Sonne kommt, wird es schmerzen. Wie bleich du bist. Bedecke deine Augen, wenn du welche hast. Schau nicht nach oben. Wir erheben unseren Blick. Nicht zu dir. Nach draußen. Vor das Bild.

Wir können nicht warten. Wir sind draußen. Jenseits deiner Schuld.

Bleib. Wo du bist.

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